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Das Luftschiff Schütte-Lanz

Als die Familie Heinrich Lanz (Mannheim) sich seinerzeit entschloß, die neuartigen, in ihren konstruktiven Gedanken vielverprechenden Pläne des Danziger Hochschulprofessors Johann Schütte zu verwirklichen, leitete sie vornehmlich die Absicht, nationalen Interessen zu dienen, in der für die deutsche Landes-Verteidigung so wichtigen Frage der Luftschiffahrt an der Lösung der zahlreichen noch offenen Probleme tatkräftig mitzuarbeiten. Damit stellte sich der Luftschiffbau Schütte -Lanz als zweiter Vertreter des starren Systems in bewußtes Zusammengehen mit den Zielen und Absichten des erfolgreichen Pioniers der starren Luftschiffe, des Grafen Zeppelin.
Das Konstruktions-System des Luftschiffbaues Schütte-Lanz ist ein starres, mit der wesentlichen Neuerung, daß das Traggerüst aus Holzträgern gebildet wird, die in sich eine federnde Konstruktion ergeben. Diese Träger sind aus mehrfach furnierten, wasserfest verleimten Hölzern zusammengesetzt und durch Vernietung und Verleimung miteinander verbunden. Abgesehen von einer hohen, wiederholt erwiesenen Widerstandsfähigkeit gegen Stoßbeanspruchungen besitzt die Holzkonstruktion den Vorteil, daß etwa erforderliche Ausbesserungen sich sehr einfach und schnell ausführen lassen; so konnten nach einer Havarie des “S. L. I”, bei der drei Hauptträger eingedrückt wurden, diese in wenigen Stunden repariert werden: Neben der geringeren Resonanz des Holzgerippes gegenüber dem Motorengeräusch – ein sehr wichtiger Umstand bei militärischer Verwendung —, ist dem Holzgerippe die Unempfindlichkeit gegen Zersetzung durch atmosphärische Einwirkungen, insbesondere der salzhaltigen Seeluft, eigen.
Das in seiner Form rotationsellipsoidale Luftschiff hat bei 130 m Länge rund 20000 cbm Rauminhalt; außer etwa 1800 kg Wasserballast und entsprechendem Benzinvorrat für 20 Stunden wurden bis zu 16 Personen aufgenommen. Die äbnlich den Z-Schiffen weitgehende Unterteilung in zahlreiche Ballons, die durch einen sehr wirksamen Isolierraum von der Außenhülle getrennt sind, sichert die Tragfähigkeit selbst bei Verletzung mehrerer Zellen. Dank der vorteilhaften, theoretisch günstigen Form des Schiffes konnten die Höhen- und Seitensteuer als einfache Steuerflächen ausgebildet werden.
Die beiden aus nahtlos gezogenen Stahlrohren zusammengebauten Gondeln sind nicht starr mit dem Gerippe verbunden, sondern durch eigenartig angeordnete Stahltrossen so aufgehängt, daß während der Fahrt die Gondeln nach der Längs- und Querrichtung starr festliegen, beim Landen jedoch in senkrechter Richtung wie bei den unstarren Luftschiffen nachgeben können. Durch diese bei schwierigen Landungen wiederholt vorzüglich bewährte Gondelaufhängung wird selbst bei heftigstem Aufsetzen der Aufprall nicht auf das Schiffsgerüst übertragen. Die beiden Propeller, deren Anbringung an den für die Kraftausnutzung vorteilhaftesten Stellen der Widerstandsmitte an den Seiten des Ballonkörpers durch die lose Gondelaufhängung nicht möglich ist, sitzen hinter den Gondeln unmittelbar auf den verlängerten Motorenwellen.
Das sich hieraus ergebende Kippmoment hat sich im Betrieb als praktisch unbedeutend erwiesen, während andrerseits der Wegfall aller Übertragungsmechanismen zwischen Maschine und Propeller sowie die Möglichkeit von Reparaturen an den Propellern während der Fahrt die Betriebszuverlässigkeit des Schiffes außerordentlich erhöhen.
Der Antrieb der Propeller erfolgt durch zwei achtzylindrige Benzinmotoren von zusammen 500 PS Leistung.
Die Tragseile der Gondeln sind außer am Holzgerüst teilweise an der äußeren Bekleidung des Luftschiffes derart befestigt, daß die Hülle ständig nach unten hin straff angezogen wird. Ebenso ist die Einrichtung zur Verankerung des Schiffes derart angebracht, daß der Zug der Ankertrosse nicht nur auf einen Punkt wirkt, sondern über das ganze Schiff verteilt wird.
Die technische und navigatorische Ausrüstung der Gondeln entspricht allen Anforderurigen moderner Luftschiffahrt; auch ist das Schiff mit einer funkentelegraphischen Anlage versehen.
Der “S. L. I” wurde nach glatter Erledigung der vorgeschriebenen Höhen- und Fernfahrt am 21. Dezember 1912 von dem Kriegsministerium übernommen. Durch diese Übernahme durch das Reich ist der Weiterbau der S. L.-Luftschiffe nunmehr gesichert.